Man fährt mit dem Fahrrad bergab in die Innenstadt, rüstet dort den alten Drahtesel mit einem separaten Elektroantrieb auf, holt sich eine geladene Batterie aus der Leihstation und fährt mit Unterstützung des Motors den Weg bergauf nachhause. So oder so ähnlich stellen sich die Entwickler von „Bat2Share“ die Zukunft der Mobilität in der Stadt vor. Während Fahrrad und Antrieb im Privatbesitz sind, werden die Batterien mit anderen geteilt – „Battery as a Service“ (BaaS) nennt sich dieses Konzept, da die Batterie nur im Bedarfsfall ausgeliehen wird, wenn man gerade nicht selbst in die Pedale treten kann oder will. Wie bei vielen anderen Sharing-Anwendungen wird der Verleih via Smartphone-App und kontaktloser Datenübertragung abgewickelt. Die leer gefahrene Batterie gibt man einfach an der Leihstation zurück und tauscht sie bei Bedarf gegen eine volle aus. Ein intelligenter Lade-Algorithmus stellt sicher, dass immer eine geladene Batterie zur Verfügung steht.
Vorteile bei Kosten und CO2-Bilanz
Die Anschaffung eines teuren E-Bikes ist dann nicht mehr notwendig, da das herkömmliche Fahrrad mit einem günstigeren Nachrüst-Kit der Firma GP Motion ausgestattet und die Batterie ausgeliehen werden kann. „Auch in punkto Umweltfreundlichkeit hat das BaaS-System Vorteile gegenüber der Nutzung von E-Bikes mit eingebauter Batterie“, erklärt Herbert Hackl, Forscher in der Gruppe Coexistence & Electromagnetic Compatibility (CEMC) bei Silicon Austria Labs (SAL) in Graz. Gründe dafür sind die Emissionen, die bei der Herstellung der E-Bikes – insbesondere der Batterie – anfallen, deren geringe Lebensdauer und die Emissionen bei der Energieerzeugung, um die Batterie zu laden. „Zuletzt ist die Verwertung von Altbatterien aus Elektrofahrzeugen ein allgemeines Problem, welches schnell an Relevanz gewinnt. Demgegenüber können BaaS-Anbieter den Zustand aller Batterien überwachen und individuell zum optimalen Zeitpunkt einer Second-Life-Applikation bzw. dem Recycling zuführen.“
Die Ladestation selbst soll mittels Photovoltaik energieautark betrieben werden. Als Energiespeicher vor Ort dienen gebrauchte Batterien aus dem Sharing-Betrieb, die nicht mehr gut genug sind, um als Trethilfe zu dienen, aber noch über genug Ladeleistung verfügen, um im Verbund mit anderen Altbatterien Energie aus erneuerbaren Energiequellen zu speichern.
Prototyp bis Anfang 2023
Bei dem Projekt „Bat2share“ handelt es sich um ein Förderprojekt aus der dritten Ausschreibung des Programms „Zero Emission Mobility“ des Klima- und Energiefonds. Ein 14-köpfiges Team aus Mitarbeiter*innen von SAL, erfideo und GP Motion untersucht, inwiefern durch kontrollierte Ladevorgänge, optimale Lagerung und Zyklisierung die Nutzungsintensität von E-Bike-Batterien maximiert, die Lebensdauer verlängert und die Anzahl der im Verkehr befindlichen Batterien reduziert werden kann. Ziel ist die Entwicklung und der Test der grundlegenden Hard- und Softwarekomponenten des Battery-as-a-Service-Systems mit energieautarken Lade- und Wechselstationen. Der erste Labordemonstrator soll im Frühjahr 2023 fertig sein und ab dann im realitätsnahen Betrieb bei SAL am Standort Villach erprobt werden. Die Errichtung von öffentlichen Ladestationen ist in einem Folgeprojekt geplant. Dafür werden derzeit weitere Partner gesucht.