Ursprünglich für die Automobil- und Luftfahrtindustrie entwickelt, wurde es in den letzten zehn Jahren in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), dem Raumfahrtunternehmen Ariane Group und der europäischen Raumfahrtagentur ESA für die Anwendung in Raumfahrtantrieben (Raketen- und Satellitentriebwerke) adaptiert. Aktuell laufen Vorbereitungen, die 5. Generation des Laserzündsystems gemeinsam mit ArianeGroup in Richtung Serienreife weiterzuentwickeln. Das System soll in Zukunft bisher etablierte Zündsysteme ersetzen und dadurch eine Reihe von Wettbewerbsvorteilen für die europäische Raumfahrt sicherstellen.
Bei Silicon Austria Labs bzw. ihrer Kärntner Vorläufergesellschaft Carinthian Tech Research (CTR, 2019 mit SAL fusioniert), wird seit zwanzig Jahren die Entwicklung von Laserzündungen vorangetrieben: Anfangs mit Fokus auf Automotive-Anwendungen gemeinsam mit AVL in Graz sowie in Projekten mit renommierten Unternehmen aus der Luftfahrtindustrie, wurde schließlich die Raumfahrtszene auf die von der CTR entwickelte Technologie aufmerksam. Als technisch vielversprechende Alternative zu den bisher verwendeten elektrischen und pyro-basierten Zündsystemen, kann die Laserzündung in den Bereichen Gewicht, Größe, Zuverlässigkeit und der Fähigkeit, Triebwerke mehrmals hintereinander zu zünden, massiv punkten.
„Unser Zündlaser basiert auf extrem kurzen und energiereichen Lichtpulsen, welche in die Brennkammer eines Triebwerks fokussiert werden und dort im Treibstoff Plasma und damit einen Zündfunken erzeugen“, erklärt Gerhard Kroupa, Staff Scientist und Projektverantwortlicher bei SAL. „Im Gegensatz zu herkömmlichen elektrischen Zündsystemen werden jedoch keine Elektroden benötigt, welche die hohen Temperaturen von etwa 3000°C in einem Raketentriebwerk nicht überstehen würden, sondern nur ein optisches Fenster am Rand der Brennkammer. Der Zündort kann somit äußerst variabel im Triebwerk platziert werden, was wiederum die Zuverlässigkeit der Zündung massiv erhöht.“
Die Geschichte der Laserzündung bei SAL
Hinter dieser Errungenschaft stecken zwanzig Jahre an intensiver Forschung und Geschichte: Angefangen hat alles 2003 bei SAL (damals noch CTR) mit der Entwicklung der ersten Generation eines Laserzündsystems für die Automobilindustrie, welches an verschiedenen PKW-Motoren namhafter Hersteller getestet wurde.
Dieses System wurde über die nächsten Jahre miniaturisiert und optimiert und bereits 2006 in der dritten Generation für die Zündung in der Luftfahrt getestet. Nur wenige Jahre später starteten erste Kooperationen zwischen SAL, DLR und ArianeGroup (damals Airbus Defense and Space) für Raumfahrtanwendungen. Ab 2014 wurden dann bereits umfangreichen Tests an realen Raketentriebwerken an verschiedenen Prüfständen erfolgreich durchgeführt. Mit dem Bau und Test eines Technologiedemonstrators eines Laserzünders für das Oberstufentriebwerk „Vinci“ der Ariane Rakete im Jahr 2016 war schließlich ein bedeutender Schritt in Richtung eines unter realen Betriebsbedingungen einsatzfähigen Systems erreicht.
„Eine große Herausforderung bei der Entwicklung des Systems waren die extremen Umgebungsbedingungen (Temperatur, Vibrationen) direkt an und in der Brennkammer sowie die nötige Miniaturisierung des Systems, um die Kosten- und Gewichtsvorteile der Technologie voll ausspielen zu können. Derzeit arbeiten wir gemeinsam mit ArianeGroup und DLR an einem System, das die Laserpulse von einem Laserkopf per Glasfaser an mehrere Triebwerke verteilt, um weitere Kosteneinsparungen erreichen zu können. Dies ist vor allem für die neue Generation von sogenannten „Cluster“-Triebwerken oder für die Lageregelung von Satelliten höchst attraktiv“, berichtet Gerhard Kroupa.
„Für die Entwicklung neuartiger Technologien für Zündsysteme für Raketenmotoren bauen wir auch auf die Zusammenarbeit mit SAL und dem DLR“, so Sebastian Soller, Projektleiter Forschung und Entwicklung bei ArianeGroup. „SAL zeichnet sich durch umfassende Expertise im Bereich von Mikroelektronik und Lasersystemen sowie durch die ausgeprägte Bereitschaft, sich den speziellen Anforderungen der Produktentwicklung in der Luft- und Raumfahrttechnik zu stellen, aus. Dies betrifft nicht nur die herausfordernden Betriebsbedingungen, sondern auch die sehr hohen Anforderungen an begleitende Analysen, Verifikationen und Qualitätsnachweise. Wir freuen uns darauf, gemeinsam mit SAL die nächsten Schritte hin zu einer Markteinführung laserbasierter Zündsysteme für Raumfahrtanwendungen zu unternehmen.“
„Die bisherigen sowie aktuellen gemeinsamen Forschungsprojekte unterstreichen die ausgezeichnete und zielführende Zusammenarbeit mit SAL. Die herausragende technische Expertise im Bereich laserbasierter Zündtechnologien bei SAL ist einzigartig“, betont Michael Börner, Forschungsgruppenleiter am DLR Institut für Raumfahrtantriebe.
Die Zukunft der Laserzündung für die Raumfahrt
Um das System auch tatsächlich in kommerziellen Anwendungen einzusetzen, hat SAL mit ArianeGroup nun einen Lizenzvertrag für die Industrialisierung des Systems und der Produktion einer ersten Kleinserie abgeschlossen.
„Bei SAL arbeiten Forscher:innen an innovativen Ideen der Zukunft, noch bevor sie von der Industrie in Anspruch genommen werden. Wir leisten die Vorarbeit, und die Lizenzierung der Laserzündung für Raketentriebwerke ist das beste Beispiel für eine mehr als gelungene Entwicklung dank unserer Forschung. Die Zusammenarbeit mit Ariane hat sich als äußerst fruchtbar für beide Partner erwiesen!“, so SAL-Geschäftsführerin Christina Hirschl.
Damit ist für SAL aber noch nicht genug: Diverse Förderprojekte zur Weiterentwicklung des Systems sind im Laufen. Aktuell liegt der Fokus des Projektteams unter anderem auf der Entwicklung eines fasergekoppelten Mehrfachzünders, welcher die Laserzündung weiter verbessern wird.
Über Silicon Austria Labs (SAL)
Die Silicon Austria Labs GmbH (SAL) wurde 2018 als bundesländerübergreifendes, außeruniversitäres Spitzenforschungszentrum im Bereich der elektronikbasierten Systeme gegründet. An den Standorten Graz, Villach und Linz wird an Schlüsseltechnologien in den Bereichen Microsystems, Sensor Systems, Power Electronics, Intelligent Wireless Systems und Embedded Systems geforscht. SAL bringt dabei wesentliche Akteure aus Industrie und Wissenschaft und damit wertvolle Expertise und Know-how zusammen und betreibt kooperative, anwendungsorientierte Forschung entlang der Wertschöpfungskette. Ziel ist es, den Wertschöpfungsprozess von der Idee zur Innovation zu beschleunigen – mit exzellenter Forschung und wirtschaftlichem Nutzen. Eigentümerinnen sind die Republik (50,1%), die Länder Steiermark und Kärnten (je 10%), das Land Oberösterreich (4,95%) und der Fachverband für Elektro- und Elektronikindustrie (24,95%).
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