Graz, 02.03.2020 – Mit der Unterzeichnung des Vertrags zum Kooperationsprojekt „Tiny Power Box“ gelingt Silicon Austria Labs (SAL) und den beteiligten Partnern ein Schulterschluss in zweierlei Hinsicht: Das Projekt ist ein Vorzeigebeispiel im Bereich der Leistungselektronik für die Zusammenarbeit zwischen dem Forschungszentrum und den beteiligten Leitbetrieben. Gleichzeitig zeigt die breite Industrie-Beteiligung, dass gemeinsam erzielte Forschungsergebnisse für unterschiedliche Anwendungen und entlang der gesamten Wertschöpfungskette nutzbar gemacht werden können und somit die österreichische Innovationskraft nachhaltig stärken. Zu den Projektpartnern zählen neben dem Forschungszentrum die Fronius International GmbH, Infineon Technologies Austria AG, AT & S Austria Technologie & Systemtechnik AG, TDK Electronics GmbH & Co OG und die AVL List GmbH.

"Das von SAL angebotene Modell der kooperativen Forschung ermöglicht es, die Kompetenzen der Industriepartner für das Projekt 'Tiny Power Box' zu vereinen, um eine noch nicht dagewesene Innovationskraft zu schaffen, die ohne Bündelung der Kompetenzen und des Knowhows gar nicht möglich wäre. Nur so können die ambitionierten Projektziele entlang der Wertschöpfungskette erreicht werden", beschreibt Dr. Rudolf Krall, Leiter der Division für Power Electronics bei SAL, die Vorteile der kooperativen Forschung bei SAL.

Hohe Leistung bei geringem Platzverbrauch – Eine LÖsung für viele Anwendungen

Die Projektidee wurde ausgehend von der „Little Box Challenge“ von Google und IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) geboren: Ein offener Wettbewerb, der die Optimierung der Leistungsdichte (Leistung in Relation zum Volumen) von Umrichtern für den Solar- und Photovoltaik-Bereich zum Ziel hatte. 100 Betriebsstunden waren für den Wettbewerb erforderlich.

Im Projekt „Tiny Power Box“ liegt der Fokus auf der Optimierung der Leistungsdichte von eingebauten Ladegeräten in E-Autos, sogenannten Onboard-Chargern, die auch für Industrieanlagen nutzbar gemacht werden können. Das Resultat: Geringeres Gewicht, weniger Komponenten und Platzverbrauch bei hohem Wirkungsgrad für schnelles Laden und gleichzeitig höherer Umweltverträglichkeit. Zusätzlich soll ein bidirektionaler Energiefluss ermöglicht werden. Der Strom, der über den Ladenschluss ins Auto fließt, kann so auch als Energiequelle oder Zwischenspeicher für andere Anwendungen genutzt werden. In Kombination mit Solaranlagen, lokaler Energieversorgungssysteme aber auch für eine Netzstabilisierung ist dies ein interessanter Nutzungsaspekt. 

„Die Weiterentwicklung der Komponenten für die Leistungselektronik ist für Infineon strategisch bedeutend, um neue Systemlösungen und Anwendungsvorteile zu erschließen. Dazu braucht es ein optimales und gesamtheitliches Zusammenspiel aller Bauelemente, gerade auch um die Möglichkeiten des bidirektionalen Energieflusses effizient umzusetzen“, so Dipl.-Ing. Ernst Katzmaier, Director Application Engineering Power Management & Multimarket bei Infineon.

„Wir erhoffen uns von diesem kooperativen Forschungsprojekt richtungsweisende Impulse hinsichtlich künftiger industrieller Umsetzbarkeit von innovativen Ladegerätekonzepten für die Intralogistik. Die im Projekt mitentwickelte ganzheitliche Simulationsmethodik soll uns künftig rascher zu fundierten, belastbaren Konzeptentscheidungen verhelfen“, sagt Dr. Günter Ritzberger, Mitarbeiter im Bereich Research der Fronius International GmbH.

 „Die Leistungselektronik ist für AT&S ein wichtiges Thema und hat für uns in den verschiedensten Geschäftsbereichen, von Industrie bis Automotive, einen sehr hohen Stellenwert“, sagt der Director Research and Development bei AT&S, Dr. Hannes Voraberger. „Wir suchen ständig nach neuen Systemen, Lösungen und Konzepten, um den Verbrauch beim Wandel von Energie zu senken. Wir wollen nämlich den ineffizienten Stromverbrauch, der nur Wärme generiert, reduzieren.“ Vor allem in der Elektromobilität brauche man die Energie, um etwas anzutreiben und nicht um etwas warm zu machen. „Die ,Tiny Power Box` eröffnet uns als Industriepartner die Möglichkeit, einerseits einem extrem spannenden Projekt unseren Input zu geben, andererseits auch selbst wertvolle Erfahrungen zu sammeln“, so Voraberger.

3D-Simulation Für Effizienz im Design-Prozess

Im Rahmen des Projekts wurde außerdem eine ganzheitliche, dreidimensionale Simulationsmethodik entwickelt, welche die Interaktion unterschiedlicher Komponenten des Gesamtsystems berücksichtigt. Hierbei werden die in den Leistungselektronik-Komponenten entstehenden Verluste dynamisch berechnet und danach in das dreidimensionale thermische Model übergeführt. Die thermischen Verhältnisse beeinflussen wiederum das Verhalten der einzelnen elektrischen Komponenten und damit das Gesamtsystem. Mit diesem geschlossenen System („closed loop“) ist es nun auch möglich, das optimale Schaltungskonzept für die Realisierung von höchsten Leistungsdichten, also auf engstem Raum, zu entwerfen.

Die im Projekt entstehenden Designs sind besonders wertvoll für die Weiterentwicklung einzelner Komponenten, die im eingebauten Ladegerät miteinander interagieren. Ebenso wird der ganzheitliche Simulationsworkflow um die Berücksichtigung weiterer physikalischer Effekte erweitert werden. Daher ist auch mit Folgeprojekten zu rechnen, die auf den Ergebnissen des „Tiny Power Box“-Projekts aufsetzen.

"In dem vorliegenden Projekt ist es gelungen, wesentliche österreichische Player in der Leistungselektronik aus Industrie und Forschung entlang der Wertschöpfungskette zusammenzubringen. Das Besondere an diesem Projekt ist die gesamtheitliche Betrachtung aller einzelnen Systemkomponenten. Damit können Wechselwirkungen und Design- bzw. Anwendungsanforderungen früher erkannt werden und sind in Modellen überprüfbar", beschreibt Dipl.-Ing. Markus Puff, Leiter der Abteilung Corporate Research & Development der Piezo & Protection Devices Business Group bei TDK Electronics GmbH & Co OG, die Zusammenarbeit.

„Zielsetzung für AVL in diesem Projekt ist die Erarbeitung und Absicherung einer skalierbaren Methodik zur simulationsgestützten Entwicklung und virtuellen Integration von Komponenten und Subsystemen der Leistungselektronik auf Basis der Berechnungswerkzeuge AVL FIRE™ M und AVL CRUISE™ M. Diese soll in weiterer Folge Eingang in die genannten Produkte finden“, so Dr. Reinhard Tatschl, Research and Technology Manager bei AVL List GmbH.

Nachdem alle Unterschriften getätigt wurden, gab es bereits Treffen mit den Partnern, um die technischen Anforderungen der zukünftigen Demonstratoren weiter zu detaillieren. Ausgehend davon wird seitens SAL ein erstes Umsetzungskonzept vorgeschlagen, um nach Rücksprache mit den Partnern die nächste Phase des Projektes „Tiny Power Box“ einzuleiten.